Dieser Blutorangen-Kuchen. Oh Mann. Gefühlt mein persönlicher Everest der letzten 4 Wochen. 5 Mal hab ich den gestürzten Blutorangen-Kuchen mit Bergamotte, Rosmarin und Olivenöl gebacken. 5 Mal im Vorfeld überlegt, wie ich es schaffe, dass er so wird wie in meiner viiiiiel zu konkreten Vorstellung. 5 Mal an den Zutaten und dem Teig herumgedoktert, nur um 4 Mal vom Ergebnis enttäuscht zu sein. Aber das 5. Mal… Halleluja! Außerdem verrate ich Euch im Laufe des Rezepts den ziemlich simpelsten und genialsten Backtrick meiner vergangenen 6 Monate. 😉
Um nochmal auf den Kuchen zurückzukommen: Normalerweise bin ich nicht so verbissen. Wobei… Wenn ich ganz ehrlich bin: Doch. Ich kann es nicht ertragen, wenn ich mir im Vorfeld Dinge konkret vorstelle und es dann nicht genau so wird. Klingt nicht sehr entspannt, ich weiß. Vor allem, weil mich das jeweilige Projekt nach dem 2. Fehlversuch schon so unfassbar nervt, ich aber einfach aus einem sturen, dickköpfigen Impuls heraus nicht locker lassen kann. Ich bin von meiner Veranlagung her definitiv kein Mensch für die dicken Bretter und die Späne. Ich bin ein Mensch für Details, jemand mit einem leider manchmal zu perfektionistischen Anspruch (keine Angst, in ungefähr 99,9 % meines Lebens nicht) und jemand, der in der Schule Spaß an eleganten Rechenwegen in Mathe hatte.
Die fixe Idee mit der Tarte Tatin…
Diese verflixte Sturheit hat mich bei diesem Kuchen zwischendurch fast verzweifeln lassen. Denn seitdem ich vor ein paar Wochen zum ersten Mal Bergamotten in die Hände bekam, war ich 1) Hals über Kopf verknallt, und hatte 2) in meinem Kopf die fixe Idee einer mediterran-zitrusfruchtig angehauchten Tarte Tatin. Ich hatte den Geschmack praktisch auf der Zunge und wollte es um jeden Preis so hinbekommen. Und ich muss leider mal eben gestehen, dass dieser verflixte Kuchen ganze 5 (FÜNF) Versuche gebraucht hat, bis ich mit dem Resultat wirklich zufrieden war.
Der Clou am Blutorangen-Kuchen ist übrigens die Zubereitungsart a la Tarte Tatin. Das heißt, das fruchtige Topping wandert als erstes in die Form, wird mit dem Teig bedeckt und so gebacken. Der fertige Kuchen wird im Anschluss aus der Form gestürzt, mit Sirup übergossen und bekommt so seine wunderschöne Oberfläche. Olivenöl und Rosmarin bringen noch einen Extra-Kick und mediterrane Assoziation.
Bergamotten und das Zitrusfrucht-Universum
Wer noch nie Bergamotten gesehen oder probiert hat – keine Sorge! Der Blutorangen-Kuchen funktioniert und vor allem SCHMECKT auch ohne diese etwas exotischere Zutat. Wer aber aber einmal die Möglichkeit bekommt, welche in die Finger zu kriegen, sollte sich diese nicht entgehen lassen. Der in der Schale enthaltene Duft ist (für mich) unwiderstehlich und Grund dafür, dass Bergamotte vor allem in der Parfümindustrie und zum Aromatisieren von Tee (klassisch im Earl Grey!), Tabak und eingelegten Früchten verwandt wird.
Optisch kommt sie ganz unscheinbar daher – etwas runder, größer und „glatter“ als eine Zitrone, etwas blasser und kleiner als eine herkömmliche Orange. Wissenschaftlich handelt es sich wohl um eine Kreuzung zwischen Bitterorange und Zedernfrucht (letzteres ist nochmal eine Sache für sich und vermutlich ähnlich schwer zu kriegen wie die Bergamotte) – beides nicht grade Zitrusfrüchte, die wegen ihres gefälligen Fruchtfleischs gefragt sind. Die Bergamotte selbst ist vermutlich auch nicht jedermanns Sache (zum Direktverzehr). Das Fruchtfleisch ist ziemlich sauer und ein wenig herb. Ich liebe allerdings sowohl Säure als auch Bitterkeit. In der Restaurantküche haben wir einige Sscheiben kandiert und in den Dörrautomaten gesteckt. Das Ergebnis hatte es in sich!
Wie dem auch sei – für meine Tarte habe ich auf der einen Seite bildschöne Moro-Blutorangen verwandt, die Bergamotten und der Rosmarin gaben hingegen den geschmacklichen Kick. Noch etwas Olivenöl in den Teig und fertig ist ein Kuchen, der nicht einfach nur „lecker“ ist, sondern subtil aromatisch, ein klein wenig herb und noch dazu selten schön anzusehen.
Rezept Blutorangen-Kuchen mit Bergamotte, Rosmarin und Olivenöl
Ihr benötigt:
- 150 g Mehl
- 150 g Semolina (Weizengrieß, möglichst fein gemahlen)
- 1 TL Backpulver
- 175 g Zucker
- 150 g Butter
- 75 ml Olivenöl
- 1 Ei
- 1-2 Bergamotten
- 1 BIO-Zitrone
- 1 kg Blutorangen
- 2 Zweige Rosmarin
I. Bergamotten-Sirup und Mürbeteig
Der erste Schritt wären der Mürbeteig und der Bergamottensirup. Während Ihr Euch im Anschluss um die Blutorangen kümmert, kann der Sirup nämlich ziehen und der Teig durchkühlen.
Siebt Mehl und Backpulver in eine Schüssel und gebt eine Prise Salz, 75 g Mehl und Weizengrieß dazu. Nun 100 g Butter in kleinen Würfeln und das Ei ebenfalls hinzugeben und zu einem glatten Teig verkneten. Den Abrieb der Biozitrone ebenfalls unter den Teig kneten. In Klarsichtfolie wickeln und bis zur weiteren Verwendung im Kühlschrank kalt stellen.
Presst nun die Bio-Zitrone und die Bergamotten. Es sollten etwa 150 m Saft dabei herauskommen. Ein wenig Bergamottenschale solltet ihr zurückbehalten. Nun 100 g Zucker in einer Pfanne erhitzen und schmelzen lassen. Bevor das Karamell zu braun wird, wird es mit dem Saft abgelöscht. Rührt nun, bis der Zucker sich vollständig aufgelöst hat. Nehmt die Pfanne vom Herd. Gießt den Großteil des Sirups in eine Schüssel und lasst ihn kurz abkühlen. In die Schüssel gebt Ihr dann die feingehackten Rosmarinnadeln und die Bergamottenschale. Die Pfanne mit dem Siruprest kommt im nächsten Schritt zum Einsatz 🙂
II. Tarte-Form und Blutorangen vorbereiten (Achtung: Kitchen-Hack!)
Zunächst einmal: Der genialste und gleichzeitig simpelste Küchentrick, den ich mir in den letzten Monaten von Profis abgeschaut habe… Ihr kennt das, wenn Ihr eine Spring-/Kuchenform mit Backpapier auskleiden wollt und wie ein Riesen-Baby mit Schere und Backpapier herumhantiert? Es geht so viel einfacher, wenn Ihr das Blatt um die Mitte herum zu einem schmalen Dreieck faltet und dann zuschneidet! 🙂 Ich habe leider keine eigenen Bilder davon gemacht, aber besser als alle Worte erklärt es dieser (bebilderte) Link.
Genau das macht Ihr für Eure Tarte-Form. Das Backpapier sollte auch die Wände der Form bedecken, damit Ihr den Kuchen nach dem Backen problemlos aus der Form bekommt. Heizt den Ofen auf 175 °C vor.
Die Blutorangen nun schälen und in recht dünne (0,5 cm) dicke Scheiben schneiden. Die Pfanne mit dem Sirup bei mäßiger Hitze erwärmen und die Scheiben vorsichtig (!) hineingeben. Sie sollen nicht garen (denn sonst fallen Sie Euch auseinander und werden unansehnlich), sondern mit Sirup rundum benetzt werden. Vom Herd nehmen.
III. Blutorangen-Kuchen backen
Zunächst die Blutorangen auf dem Boden der Tarte-Form verteilen. denkt daran, dass die Unterseite am Schluss die Oberseite sein wird, insofern gehören die schönsten und farblich ansprechend gemischtesten Scheiben definitiv nach ganz unten 🙂
Den Mürbeteig aus dem Kühlschrank nehmen, ggf. mit ein wenig zusätzlichem Mehl geschmeidig kneten und ausrollen. Keine Sorge, wenn die Konsistenz etwas gewöhnungsbedürftig ist: Das Olivenöl macht den Teig etwas „brüchiger“. Ich habe ihn auch nicht in einem Stück auf die Form bekommen. Da der Kuchen zum Schluss aber ohnehin gestürzt wird, ist das theoretisch völlig egal!
Ab in den Ofen und für 30-40 Minuten backen. Nach dem BAcken etwas abkühlen lassen, auf einen großen Teller oder eine Kuchenplatte stürzen und mit dem durchgezogenen Sirup begießen (Bergamottenschale natürlich vorher entfernen). Der Kuchen schmeckt meiner Meinung nach am besten, wenn er einige Stunden ziehen konnte. Eventuell mit Rosmarin dekorieren und servieren!
Btw: Der Sirup schmeckt auch komplett ohne Kuchen riiichtig köstlich in einem Gin Tonic. Tipp für Gin-Freaks: Gin Mare (Provisionslink) und das Mediterranean Tonic von Fevertree (Provisionslink) verwenden, Rsomarinzweig und eine Bergamottenscheibe als Deko rein und genießen! Cin cin!