Moin! Letzte Woche hat sich sich mit diesem unfassbar zarten Kalbsbries mal wieder eine Beobachtung bestätigt, die für mich langsam zu einem Credo wird: Vor Techniken oder Zutaten Respekt oder Nervenflattern zu haben, ist ganz oft einfach QUATSCH. Manchmal stehen wir selbst uns am allermeisten im Weg und trauen uns aus unerfindlichen Gründen nicht an bestimmte Dinge heran. Aber warum nicht den eigenen Sauerteig heranzüchten und (okay, es dauert einige Anläufe) leckeres Brot backen? Oder sich ein Herz fassen, das Kalbsbries einfach bestellen, alle Bedenken in den Wind schlagen und es – ganz un-fancy, aber so so so lecker! – direkt vom Grill wegnaschen?
Heute geht’s mir hier weniger um ein ausgeklügeltes Rezept, sondern eher um eine basic Zubereitungsart für Kalbsbries vom Grill, welches im Handumdrehen zum Star auf Eurem abendlichen Terrassenteller werden könnte. In meinem Fall: Werden wird, denn ich habe mir noch am Abend dieses Testlaufs die nächste Portion bei der Fleischerei Eckart (ja, Werbung, aber auch ein ernstgemeinter Tipp für alle Kölner!) bestellt. Nach dem ersten Versuch bin ich nämlich hin und weg gewesen. Und hoffe, dass ich dem ein oder anderen die „Angst“ vor dem Produkt nehmen kann, die ja total verständlich ist, wenn man es nur in guten Lokalen mal auf der Speisekarte findet.
Ich persönlich war jedenfalls komplett begeistert, wie LEICHT es eigentlich zuzubereiten ist und wie unglaublich fein es schmeckt: So zart, süß-aromatisch innen, so toll dazu kontrastierende Röstaromen außen. Ich habe selten etwas so Gutes vom heimischen Grill gegessen (und wir grillen oft und definitiv keine Würstchen).
Wer also wie ich das Glück hat, bei einem guten Metzger an solche Produkte aus vertrauenswürdiger Quelle zu kommen, sich bisher aber noch nie getraut hat, sollte sich wirklich ein Herz fassen. Es ist super schnell und einfach zubereitet und war eine der leckersten Sachen (ganz ohne Beilagen), die ich in der letzten Zeit gegessen habe.
Kalbsbries was ist das? – oder: Das böse D…-Wort
Kommen wir kurz zur Zutat selbst, die ja nun nicht die allerbekannteste ist. Warum, ist leicht ersichtlich. Ja, das Kalbsbries ist kein normaler Cut wie ein Steak oder sogar eine Kalbsleber. Denn, egal, wie man das Bries nennen mag – Kalbsmilch, Kalbssog, Milke, Milcher, Midder oder Schweser… es ist und bleibt die Thymusdrüse des Kalbs. Begehrt aus dem einfachen Grund, dass sie sich im Laufe des Heranwachsens zurückbildet. Und begehrt aufgrund Ihrer zarten Konsistenz und des feinen Geschmacks. Allein das D-Wort dürfte viele aber an sich schon abschrecken. Ich bin bekanntlich nicht fimschig, wenn’s um rustikales wie etwas Blutwurst, Schweinenetz oder ähnliches geht.
Ich weiß, Drüse klingt nicht gerade verlockend. Und auch das Bries selbst sieht roh gewöhnungsbedürftig aus. Weich, formlos. Gart man es vor (empfehlenswert vor der weiteren Verarbeitung), wird es ein wenig fester und erinnert optisch an Hirn. Ich habe gelesen, dass beide auch geschmacklich nicht allzu weit entfernt seien. Dazu kann ich nun überhaupt nichts sagen, denn Hirn habe ich nie gegessen, geschweige denn verarbeitet. Gewisse Grenzen gibt es also auch bei mir. (Noch.)
Kalbsbries zubereiten im Handumdrehen
Bei der Recherche bin ich auf die spannendsten Rezepte gestoßen. Miso-Kartoffelpüree, knusprig ausgebacken, mit Holunderkapern serviert. Was ich persönlich finde: Mit ein zwei kräftigen Akzenten, sowohl geschmacklich als auch in Hinblick auf Textur, bringt man Kalbsbries ganz wet nach vorne. Der Geschmack ist fein und doch so intensiv, dass er mit einer feinen Säure oder Frucht… oder auch einem ordentlichen Klecks Umami super harmoniert. Wer sich, wie ich, zunächst einmal ohne komplexe Saucen, Dünst-Vorgänge oder Frituur an Kalbsbries herantasten möchte, sollte es einfach beim nächsten Grillabend einmal knusprig und puristisch probieren. Und das vorbereitete Bries einfach auf den Grill packen.
Wässern
Das Wässern und Vorgaren sind beim Kalbsbries zwei Schritte, die in nahezu jedem Rezept vorkommen und an die auch ich mich gehalten habe. Das Wässern (also das wirklich gründliche Ausspülen) hat nix damit zu tun, dass das Bries sonst nicht bekömmlich wäre, sondern soll das Bries von etwaigen Rückständen (Blut) befreien. Meins war von Vornherein blitzsauber, aber ich habe mich sicherheitshalber mal an das Wässern gehalten. 1,5 h schienen mir persönlich genug.
Bries in Salzwasser vorgaren
Auch Standard ist das Vorgaren des Fleisches in Salzwasser, dem man noch Kräuter, Gewürze oder einen Schuss Essig beigeben kann. Vor allem, wenn es danach kurzgebraten oder gegrillt werden soll, ist das Vorgaren super. So hat das Bries auch nach kürzester Zeit auf dem Grill den perfekten Garpunkt im Inneren. Ich habe meins 5-10 Minuten gegart und es war perfekt.
Rezept Kalbsbries vom Grill
Ihr benötigt (für etwa 4 Personen als Vorspeise):
- 600 g Kalbsbries, vom Metzger vorbereitet (geputzt und von Sehnen befreit)
- Salz
- 4 cl Weißweinessig
- Kreativität bei den Beilagen, ein cremiges Kartoffelpüree, einen nicht zu intensiven Salat, vielleicht sauer eingelegte Pilze?
Das Kalbsbries mindestens eine Stunde lang in kaltem Wasser wässern, dabei das Wasser in der Schüssel mehrfach auswechseln.
Das Bries von etwaigen unschönen Stellen oder Sehnen befreien.
Salzwasser zum Kochen bringen und den Essig hinzugeben. Bries hineingeben und je nach Größe der Stücke 5-10 Minuten simmern lassen. Die Schüssel vom Wässern kurz ausspülen und wieder mit eiskaltem Wasser und ggf. einigen Eiswürfeln füllen.
Das Bries im Eiswasser abschrecken, kurz abkühlen lassen und mit einem Messerchen von den feinen Häutchen befreien. Klingt aufwendig, ging bei mir aber in 5 Minuten, da sie sich leicht lösen und abziehen ließen. Trockentupfen und bis zur weiteren Verwendung im Kühlschrank verwahren.
Den Grill anfeuern und das Bries zunächst am Stück scharf von beiden Seiten angrillen.
Daraufhin in fingerdicke Tranchen schneiden und noch einmal 1-2 Minuten von jeder Seite rösten. Für einige Minuten kurz ruhen lassen (Zeit, die Teller fertig zu machen) und mit Meersalzflocken bestreut servieren.
Ich hoffe heute wirklich, dass der ein oder andere dieses Schmankerl ausprobiert und sich genauso baff die Fingerchen leckt wie ich. Mut wird einfach immer belohnt. Und wenn es um Essen geht, sowieso auf die wunderbarste aller Arten ♥